Rückenschmerzen im unteren Rücken, was kann das sein? (Dr. Ralf Hempelmann)

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Dr. Ralf Hempelmann:

Die Antwort ist nicht kurz. Wir reden im wesentlichem über verschleißbedingte, sogenannte degenerative Wirbelsäulenerkrankungen , aber grundsätzlich kann es alles mögliche sein.
Schließen wir mal die schlimmen Dinge, die ich jetzt nenne, für das weitere Gespräch aus. Rückenschmerzen können tumorenbedingt sein, d.h. durch Krebsmetastasen. Sie können durch Entzündungen, die nicht selten vorkommen, ausgelöst sein oder auch durch Osteoporose. Auch Erkrankungen aus dem rheutmatischen Formenkreis können Rückenschmerzen verursachen und das muss natürlich im Vorfeld herausgefunden werden, weil es sich um gefährliche Erkrankungen handelt, die dementsprechend behandelt werden müssen.
Bei den normalen Rückenschmerzen muss man nicht immer gleich eine MRT machen, denn die degenerativen Erkrankungen sind bedingt durch alle möglichen Strukturen an der Wirbelsäule, wie am Modell zu erkennen ist.
Die Wirbelkörper sind vorne über die Bandscheiben miteinander verbunden und hinten über die Wirbelgelenke. Schon diese Strukturen können wehtun. Diese verändern sich schon ab dem 15. Lebensjahr degenerativ, d.h. verschleißbedingt. Es gibt auch Jugendliche mit Bandscheibenvorfällen, was nicht beängstigen soll.
Die Bandscheiben sind mit sensiblen Nervenfasern versorgt und können bandscheibenbedingte Schmerzen verursachen. Wir reden in diesem Fall von diskogenen Schmerzen.
Die Wirbelgelenke, wie viele andere Gelenke auch, sind nervenfasernversorgt und können weh tun und unterliegen im Alter zunehmendem Verschleiß.
Aber auch die Rückenmarkhaut, wobei wir in der unteren Lendenwirbelsäule kein Rückenmark mehr haben, sondern die Nerven die Verlängerung des Rückenmarks weiter nach unten ziehen, aber von der Rückenmarkhaut „ Dura Marta“ umgeben sind, kann bei Kompression ebenfalls sehr wehtun. Die Nervenwurzeln, die sich außerhalb der Wirbelsäule zu den großen Nerven, wie dem Ischiasnerv verbinden, können natürlich fortleitende oder ausstrahlende Schmerzen verursachen. Und die Bandapparate, die alles verbinden, wie auch der Knochen selbst, können ebenfalls wehtun.
Wenn das Schmerzen verursacht dann verspannt sich üblicherweise die große starke Rückenmuskulatur, die dann von sich aus wieder ein eigener Schmerzmotor ist und dann auch entsprechend in vielen Fällen konservativ physiotherapeutisch behandelt werden kann.

Gibt es bestimmte Risikofaktoren, die Rückenschmerzen auslösen und fördern können?

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Dr. Ralf Hempelmann:

Wir reden von dem chronischen Rückenschmerz, der nicht tumor-, entzündungs,- oder osteoporosebedingt ist, da gibt es über die letzten Jahrzehnte sehr viel Studien drüber, schlechtere und auch bessere. Viele habe ich gelesen und letzten Endes muss man sagen, dass die Ergebnisse enttäuschend sind oder eben auch nicht, je nach dem von welchem Standpunkt man dies betrachtet.
Das woran man so denkt, dass Übergewicht, die zu vielen Pfunde, die man mit sich rumträgt, Rückenschmerzen auslösen, macht eigentlich relativ wenig aus. Sehr viele Studien zeigen da keine positiven Ergebnisse und das Übergewicht wird sicherlich überbewertet. Wenn es überhaupt zu bewerten ist. Andere Dinge genauso, ob ich zu viel oder zu wenig Sport treibe, ob ich bei der Arbeit viel gehe, sitze oder stehe, das alles hat untergeordnete Bedeutung, wenn überhaupt. Es gibt darüber wenig positive Ergebnisse. Ich denke das kann man beiseite legen. Auch harte oder weiche Matratzen, welches Auto ich fahre, ob ich Stöckelschuhe trage oder nicht, ist alles untersucht worden und zeigt keine besonderen, signifikanten Ergebnisse.
Bei den Bandscheibenvorfällen spielt auch immer die Genetik eine Rolle, aber diese kann man gar nicht verändern und spielt daher therapeutisch keine große Rolle.
Man kann etwas Gutes für sich tun. Viele Studien bestätigen, dass Rauchen ein Risikofaktor ist. Man kann also das Rauchen vermindern oder aufhören.
Eine wichtige Rolle spielt auf jeden Fall die Seele. Gerade bei chronischen Rückenschmerzen. Depressive Patienten neigen mehr zu Rückenschmerzen. Interessanterweise zeigen auch einige Studien Patienten, die schon früh im Leben immer wieder Rückenschmerzen hatten, dies auch ein gewisser Risikofaktor für spätere chronische Rückenschmerzen ist. Hinzu kommt die Art und Weise, wie ich mit Schmerzen umgehe, ob ich z.B. Katastrophisiere, ich habe Rückenschmerzen, dann geht die ganze Welt unter. Bei einem richtig akutem Hexenschuss kann man das auch so empfinden, jedoch wenn ich das immer wieder Katastrophisiere, dann neige ich auch mehr zu Rückenschmerzen.
Oder ob ich wenig Selbstbewusstsein habe und denke, das passiert ja auch immer mir, ich kann das alles nicht und dann auch noch mein Rücken. Schuldzuweisungen wie z.B. bei dem Krankengymnasten musste ich die Brücke machen und seitdem sind die Rückenschmerzen nicht mehr weggegangen. Das sind gewisse Faktoren, die Rückenschmerzen mit chronifizieren können. Probleme am Arbeitsplatz, mehr psychischer als physischer Natur, also eher seelische als körperliche Probleme.
Letzten Endes nicht zu vergessen, was viele Menschen auch nicht wollen und auch nicht merken und auch nichts dafür können, ist der sekundäre Krankheitsgewinn, den es auch mal gibt. Sei es der Arbeitsplatz, Rentengesuch, schwierige familiäre Verhältnisse und es geht einem besser, wenn man Rückenschmerzen hat. Das mag keine Absicht sein, ist jedoch auch ein Risikofaktor.
Der wesentlichste Risikofaktor für Rückenschmerzen ist die Seele und insofern auch mit zu behandeln bei chronischen Schmerzen.

Bandscheibenvorfall: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es? (Dr. Ralf Hempelmann)

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Dr. Ralf Hempelmann:

Das hängt zunächst mal von der Art des Bandscheibenvorfalls ab.
Wir reden von der Lendenwirbelsäule. Wenn es ein sehr großer Bandscheibenvorfall ist, der zu einer deutlichen Nervenwurzelbedrängung führt, was sogar zu sogenannten Defiziten/ Störungen, wie Lähmungen oder sehr starken Taubheitsgefühlen führt, dann würde man operieren. Aber das ist der letzte Punkt. Wir reden über Bandscheibevorfälle und die aller meisten muss man nicht zwingend operieren. Wenn man nicht operieren muss, sprich bei Bandscheibenvorfällen, deren Schmerzen noch nicht über Monaten andauern und über bei Bandscheibenvorfällen, die zu keinen sogenannten Defiziten führen, also keine Lähmungen, keine schweren Taubheitsgefühle hervorrufen, würde man konservativ therapieren.
Dazu gehört natürlich erstmal im Anfangsstadium die Schmerzmedikationen, also sogenannte „Analgetika“, Schmerzmedikamente und „ Antiphlogistika“, entzündungshemmende Medikamente, dazu gehört das Diklofenak oder Ibuprofen, bei Schmerzmedikamenten das Metamizol oder Paracetamol, ganz herkömmliche seit Jahrzehnten bekannte Medikamente.
Dazu gehört dann die entsprechende Physiotherapie, wobei man dann schon recht auch früh mit aktiven Bewegungen anfangen sollte. Bewegungsübungen, rumpfmuskulaturaufbauende Übungen dazu noch physikalische Maßnahmen, wie Wärmetherapie oder bestimmten Fällen auch Reizstromtherapie. Es gibt über 50 verschiedene krankengymnastische Möglichkeiten. Wichtig ist, dass man das individuell, für jeden einzelnen Patient/IN machen muss, denn es gibt Übungen, die tun dem einen gut und dem anderen nicht. Das muss ein guter Physiontherapeut rausbekommen.
Der nächste Schritt wäre dann eine medizinische Trainingstherapie, wobei man die aber auch erlernen muss. Das wäre die rein konservative Therapie, die in den meisten Fällen zu einem Erfolg und auch zu einem dauerhaften Erfolg führen.
Ein nächster Schritt wäre dann schon die inversive Therapie, bestimmte lokale Infiltrationen, d.h. Spritzen, wobei es gerade bei einer Nervenwurzelbedrängung an der Wirbelsäule sinnvoll ist über eine gewisse Zeit CT-gestützt zu spritzen, d.h. mit Hilfe eines Computertomografen an die Nervenwurzel gesetzt und dadurch zu einer guten Schmerzlinderung führen kann. In bestimmten Fällen kann man das machen und damit den sehr starken Schmerz überbrücken, aber all das sollte nie gemacht werden ohne die entsprechende begleitende und weiterführende Krankengymnastik.
Nicht zu vergessen bei all dem, wenn es schon etwas chronische Schmerzen sind, ist die Verhaltenstherapie, Rückenschule und dann letzten Endes auch eine psychologische Therapie. Denn sehr viele Rückenschmerzen, Bandscheibenschmerzen sind natürlich auch immer seelisch mit beeinflusst. Depressive Charaktere empfinden den Schmerz z.B. ganz anders als andere Charaktere. Das sind auch Faktoren, die solche Schmerzen verstärken können und auch mit behandelt werden sollten.
Und eben der letzte Schritt wäre dann die operative Therapie, wobei es dann im wesentlichen darum geht, bei klaren Bandscheibenvorfällen, die zu einer Nervenwurzelbedrängung führen, wir reden von Nervenwurzelkompression, dass man dann eben die Nerven an der Wirbelsäule wiederum befreit. Der Goldstandard dieser Operation ist nach wie vor die mikrochirurgische, also mit dem Operationsmikroskop gestützte Operation. Sie sehen hier die Dornenfortsätze. Wir blicken von hinten auf die Wirbelsäule drauf, der Patient liegt. In dem Fall wird ein Schnitt so etwa drei Zentimeter lang in der Mittellinie oder etwas neben der MIttellinie gemacht. Man schiebt die Muskulatur von den Dornenfortsätzen beiseite, setzt dann so einen kleinen Sperrer ein, damit die Muskulatur beiseite gehalten wird und kommt dann zwischen den Wirbelbögen,
wo man so einen Bandapparat entfernt, Richtung Wirbelkanal, muss dann die Nervenwurzel darstellen und die Rückenmarkhaut ( Dura Marter ) schiebt man so zwischen die Mitte und kommt dann zum Bandscheibenvorfall. Wenn der von der Bandscheibe gut gelöst ist, dann kann man den mobilisieren/ freimachen und herausziehen und dadurch die Nerven befreien.
Das wäre die übliche mikrochirurgische Bandscheibenoperation über einen kleinen Sperrer.
Das Gleiche kann man auch über eine noch kleinere Methode machen. Da redet man dann von der sogenannten minimalinversiven Operationtechnik, da ist der Schnitt ein bisschen kürzer, so ein guter Zentimeter lang. Man arbeitet über ein kleines Röhrchen, das ist so Fingerdick und man kommt über das Röhrchen zwischen die Wirbelbögen und dann wiederum in …