Künstliches Hüftgelenk: Wie verhält es sich bei einer Chrom Nickel Allergie?

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Prof.Dr. Thorsten Gehrke:

Künstliches Hüftgelenk: Wie verhält es sich bei einer Chrom-Nickel-Allergie?

Eins der schwierigsten Themen, muss man klar sagen, und auch umstrittensten Themen, ist das Allergiethema im Zusammenhang mit künstlichen Gelenken. Künstliche Gelenke bestehen zumindest wenn sie einzementiert werden, in den Knochen eingeklebt werden, an der Hüfte in der Regel aus einer Edelstahllegierung, die eben auch Chrom, Kobald und auch in einem ganz ganz kleinen Teil Nickel enthält.
Knieprothesen bestehen zu einem Großteil aus eben dieser Edelstahllegierung einschließlich diesem minimalen Nickelanteil. Nun ist es leider so, dass 20% der Bevölkerung etwas eine Nickelüberempfindlichkeit oder Allergie haben. Und darauf muss man irgendwie reagieren. Meinen wir zumindest, der Rest der Welt übrigends meint es nicht. Die Allergiefrage bei den Prothesen ist eigentlich eine fast urdeutsche Frage. In den USA beispielsweise spricht niemand über dieses Thema. Und wir wissen bis heute nicht, ob es das wirklich gibt in dieser Form, wie es andere Allergien gibt. Es ist offensichtlich so extrem selten, dass es in anderen Ländern vernachlässigt wird. Die Deutschen sind da etwas gründlicher. Es gibt Einzelfälle, die beschrieben sind. Aber hierbei handelt es sich wirklich um Einzelfälle. Sie müssen sich vorstellen, wir setzen im Jahr schätzungsweise 250000 nickelhaltige Implantate ein und Allergien treten, nachgewiesene Allergien pro Jahr, in vielleicht 4-5 Fällen auf. Also ein Thema was theoretisch zu vernachlässigen ist. Die Bedrouillle, in der wir uns befinden, wir wissen eben nicht, ob der Patient, den wir jetzt
gerade operieren, der eine Nickelallergie angibt, vielleicht nicht doch gerade einer von denen ist, die darauf reagieren und somit auf das Implantat. Weshalb wir in diesen Fällen immer zu Titan greifen. Es gibt die Möglichkeit auch Knieprothesen, wenn Sie so wollen zu titanisieren, mit einer Titanschicht zu überziehen. Gegen Titan gibt es quasi keine Allergien. Und ein Großteil der zementfreien Hüftprothesen, bestehen auch aus Titan, dann würde man eben die, statt Edelstahllegierung einsetzen.
Es gibt diese Problematik, um das noch einmal ganz deutlich zu sagen und man muss sie sicher auch ernst nehmen. Die Diskussion um diese Allergie ist in Deutschland aus meiner Sicht jedoch eindeutig überzogen.
Die Fragen, die sich immer, wenn ein Patient über eine Nickelallergie oder Modeschmuckallergie klagt , ist es wirklich eine echte Allergie, oder ist es nur eine Überempfindlichkeit. Viele Menschen reagieren auf entsprechenden Modeschmuck, auf Armbandverschlüsse, was aber nicht unbedingt eine echte allergische Reaktion darstellt. Es gibt Tests und das empfehlen wir auch immer. Ich empfehle dem Patienten, der unsicher ist, sich einem Test zu unterziehen. Jeder von uns kennt diesen typischen Hauttest, diesen Pricktest, wo auf die Haut vom Hautarzt bestimmte Stoffe gegeben werden und dann wird geschaut, reagiert er an dieser kleinen Stelle auf diesen Stoff oder nicht. Das ist eigentlich der Test, den man dann empfehlen sollte. Es gibt noch andere, tiefergehende bis in den Blutbereich, bis in die sog. Lymphozyten, die im wesentlichem am allergischen Prozess beteiligt sind. Bis heute ist man jedoch uneinig, wie aussagefähig diese Tests tatsächlich sind.
Es gibt auch noch weitere Tests, die eigentlich eher der Vergangenheit angehören. Man hat früher sog. Prüfkörper/Metallstücke bei superallergischen Patienten unter die Haut implantiert, die aus dem gleichen Metall bestanden, wie die Prothese. Und man hat geprüft, ob der Patient auch unter der Haut auf diese Stoffe reagiert. Aber auch das ist ein relativ ungenauer Test und wird heute kaum noch durchgeführt.
Also wenn man unsicher ist, was das Ganz angeht, dann sollte man zum Hautarzt gehen, diesen typischen Kontakthauttest machen und dann ist man schon sehr viel schlauer.